Das Bistum Martirano (in der älteren Literatur auch Marturano oder Martorano) (lat. Dioecesis de Martoranum oder Dioecesis Marturanensis) war eine flächenmäßig sehr kleine Diözese der römisch-katholischen Kirche mit Sitz in Martirano in der Provinz Catanzaro (Kalabrien, Italien). Der Ursprung ist unsicher; ein erster sicherer Nachweis der Existenz des Bistums stammt von 1058. Es war zunächst als Suffragandiözese dem Erzbistum Salerno unterstellt und wohl ab 1058 dem neu erhobenen Erzbistum Cosenza. 1818 wurde das Bistum Martirano aufgehoben und mit dem Bistum Nicastro vereinigt. In der Tradition des aufgehobenen Bistums Martirano wurde 1969 das Titularbistum Martirano begründet.

Lage und Umfang des Bistums

Martirano liegt etwa 14 km nordnordwestlich von Lamezia Terme und rund 23 km südlich von Cosenza in Kalabrien, Italien. Bei der Auflösung der Diözese 1818 umfasste sie die folgenden Gemeinden:

  • Bezirk Martirano: Martirano, Motta Santa Lucia und Conflenti
  • Bezirk Serrastretta: Decollatura, Soveria Mannelli und Castagna
  • Bezirk Scigliano: Scigliano, Pedivigliano, Bianchi, Colosimi und Panettieri

Im Bistum lag die Zisterzienserabtei Santa Maria di Corazzo, der zeitweise Joachim von Fiore als Abt vorstand. Heute sind nur noch Ruinen erhalten.

Die Bischofskirche Santa Maria Assunta in Martirano wurde bei einem Erdbeben im Jahre 1638 zerstört, in den Folgejahren aber wieder aufgebaut. 1905 wurde sie zusammen mit dem Bischofspalast durch ein Erdbeben erneut zerstört. Sie wurde erst in den 1980er Jahren sehr vereinfacht wieder aufgebaut.

Geschichte

Über die Geschichte des Bistums ist nur wenig bekannt. Das Archiv des Bistums wurde mehrfach durch Feuer oder Erdbeben zerstört; 1806 wurde es geplündert. Besonders über die frühe Geschichte ist so gut wie nichts bekannt.

Der erste urkundliche Nachweis, der sich sicher auf das Bistum bezieht, stammt von 1058. Nach älteren Autoren (z. B. Ferdinando Ughelli) wurde die Diözese allerdings schon im 7. Jahrhundert begründet. Der erste Bischof Reparatus soll am Laterankonzil von 649 teilgenommen haben. Spätere Autoren äußerten Zweifel an dieser Zuordnung. Sie bringen eine Verwechslung mit Bischöfen von Monterano in Latium ins Spiel.

Nach Francesco Russo wurde die Diözese Martirano erst 1058 errichtet, als das Bistum Cosenza durch Papst Stephan IX. zum Erzbistum erhoben wurde. Um dem neuen Erzbistum ein Suffraganbistum zuweisen zu können, wurde nun die neue Diözese Martirano geschaffen. Das Bistum Cosenza war vor der Erhebung zum Erzbistum ein Suffraganbistum des Erzbistums Salerno gewesen.

Ende der 1090er Jahre zog der damalige Bischof Arnulf von Martirano mit dem ersten Kreuzzug in das Heilige Land, sehr wahrscheinlich in der Gefolgschaft des Tankred, eines süditalienischen Normannen. Tankred besetzte am 6. Juni 1099 Bethlehem, noch vor der Eroberung von Jerusalem. Nach Auseinandersetzungen mit den anderen Führern des Kreuzzuges zog sich Tankred wieder aus Bethlehem zurück und baute sich eine Herrschaft in Galiläa auf. Bischof Arnulf von Martirano usurpierte aber die Kirche in Bethlehem, die als Geburtskirche Christi den zweiten Rang unter den Kirchen des Heiligen Landes hatte, in der Hoffnung, dass er zum Bischof von Bethlehem ernannt würde. Er geriet bald darauf (noch 1099) in muslimische Gefangenschaft und kehrte nicht mehr zurück.

Adam von Martirano gehörte zu den Bischöfen, die zu einem längeren Aufenthalt am jeweiligen Aufenthaltsort der Römischen Kurie genötigt waren und dabei ihre Einkünfte als Aussteller von Sammelindulgenzen aufbesserten. Dabei ist er von 1295 bis 1298 nachweisbar. 1295 gehörte Adam in Anagni zu den 15 Ausstellern einer Sammelindulgenz für das Kloster Bleidenstadt, bei der auch Paulus von Molfetta beteiligt war. Vielleicht war auch Adam wie Paulus noch von Coelestin V. ernannt worden, dessen Ernennungen von Bonifaz VIII. widerrufen wurden. 1297 verkündeten Basilius, der Erzbischof der Armenier von Jerusalem, Adam und Maurus, Bischof von Amelia (1288–1321) in Orvieto einen vierzigtägigen Ablass für alle Diejenigen, die am Gottesdienst in der Kirche des Klosters Sonnenkamp des Zisterzienserordens in Mecklenburg teilnahmen. Mit Basilius und Maurus hat Adam auch in den folgenden Jahren bisweilen Urkunden ausgestellt. Spätestens im Jahr 1300 ist Adam wieder in Martirano.

Im 15. und 16. Jahrhundert hatten die meisten Bischöfe ihren Sitz nicht in Martirano und beschränkten sich auf die Nutznießung des Einkommens der Diözese. Das kleine und weniger ertragreiche Bistum Martirano diente einigen Bischöfen als Sprungbrett zu einträglicheren Diözesen. Drei Bischöfe wurden sogar zu Erzbischöfen ernannt.

Nach dem Konzil von Trient begann Bischof Gregorio della Croce (1569–1577) die Diözese zu reformieren; der auf ihn folgende Bischof Mariano Pierbenedetti wurde später sogar zum Kardinal erhoben. Er gründete ein Diözesanseminar in Martirano. Der letzte Bischof von Martirano war der Franziskaner Francesco Antonio Grillo, der 1804 zum Bischof von Cassano ernannt wurde. Der damalige König von Neapel Joseph Bonaparte nutzte die Gelegenheit und hob das Bistum auf. Kirchenrechtlich war dies jedoch keine Aufhebung, sondern nur eine Sedisvakanz. Papst Pius VII. ordnete mit seiner Bulle De utiliori vom 27. Juni 1818 die kirchlichen Verhältnisse im Königreich beider Sizilien neu. Das Bistum Martirano wurde nun auch kirchenrechtlich aufgehoben und mit dem Bistum Nicastro vereinigt. Seit 1969 ist Martirano nun ein Titularbistum der römisch-katholischen Kirche.

Bischöfe von Martirano

Die Zusammenstellung wurde zunächst der Website www.catholic-hierarchy.org entnommen, die laut Quellenangabe im Wesentlichen auf Konrad Eubels Hierarchia medii aevi beruht. Die Abfolge wurde dann auch mit den älteren Abfolgen in Ughelli, Avino, Cappelletti, Pius Bonifatius Gams und Eubel abgeglichen, da diese Abfolgen oft zusätzliche Informationen enthalten, die Catholic Hierarchy nicht übernommen hat. Außerdem wurden unterschiedliche Schreibweisen aufgenommen, da Catholic Hierarchy alle Bischofsnamen in modernes Italienisch umgewandelt hat. Dies ist sicher für die Bischöfe bis zum 13./14. Jahrhundert falsch, da diese fast ausschließlich in lateinischen Texten erscheinen. Auch für spätere Jahrhunderte ist zweifelhaft, ob diese Personen zumal in Kalabrien bereits die heutige italienische Form benutzt haben.

Die Zuordnung der Bischöfe Reparatus (erwähnt 649) und Opportunus (erwähnt 721) zum Bistum Martirano durch ältere Autoren (z. B. D’Avino) wurde bereits von Cappelletti zurückgewiesen. Es handelt sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Bischöfe von Mantariana in der Toskana. Cappelletti und auch Gams akzeptierten noch folgende Personen als Bischöfe von Martirano:

  • ? Domnus oder Donno (erwähnt 761)
  • ? Buono (erwähnt 769)
  • ? Teodoro/Teodosio (erwähnt um 826, 853)
  • ? Floro oder Florio (erwähnt um 869 und um 879)
  • ? Giovanni (erwähnt 964)
  • ? Martino (erwähnt 967)
  • ? Giovanni (erwähnt 998)

Literatur

  • Francesco Adilardi: Del vescovato soppresso di Martirano, in Vincenzio d’Avino, Cenni storici sulle chiese arcivescovili, vescovili, e prelatizie (nullius) del regno delle due Sicilie. Neapoli 1848, Online bei Google Books, S. 466–470
  • Dieter Girgensohn: Italia pontificia X: Calabria – Insulae, Zürich 1975, S. 118–119.
  • Norbert Kamp, Kirche und Monarchie im staufischen Königreich Sizilien I. Prosopographische Grundlegung: Bistümer und Bischöfe des Königreichs 1194 - 1266; Band 2: Apulien und Kalabrien, München 1975, S. 863–869.

Einzelnachweise


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